Familien in Costa Rica

 Sandra und ihre drei Kinder

 

Von Wendy, einer costaricanischen Nachbarin, wurden wir auf die Familie von Sandra aufmerksam gemacht. Die alleinerziehende Mutter von Mathias (6), Jemela (9) und Pablo (10) gelangte in ihrer Not an Wendy und bat diese um Hilfe, weil sie kein Geld für Nahrungsmittel hatte. Wendy, welche Kenntnis von unseren Hilfsprojekten hat, selber jedoch nicht in der Lage war, dieser Familie ausreichend helfen zu können, fragte uns an, ob wir die Möglichkeit dazu hätten. Wie immer wollten wir diese Familie persönlich kennen lernen und Wendy begleitete uns dorthin.

 

Die Familie lebt in einem kleinen, bescheidenen Häuschen in Barrio Jesús, also nicht weit von uns entfernt. Das Häuschen gehört der Mutter von Sandra, welche auch noch dort wohnt. Sandra selbst arbeitet zwei Tage in der Woche bei der Müllabfuhr. Mehr ist nicht möglich. Ausserdem erhält sie noch eine staatliche Unterstützung – die sogenannte Beca – für ihre zwei älteren Kinder. Diese beträgt 18'000 Colones pro Kind, das sind umgerechnet ca. 30 US-Dollar pro Monat.

 

Sandras Mutter Estrela wäre eigentlich pensioniert. Sie erhielt eine Rente, bis Sandra 18 Jahre alt war. Dann wurde die Rente gestrichen. Nun veranstaltet sie jede Woche eine Lotterie, mit welcher sie einen Umsatz von 30'000 Colones erzielen muss, wovon die Hälfte als Gewinne ausbezahlt wird. So bleiben ihr pro Woche durchschnittlich 15'000 Colones, also ca. 25 US-Dollar. Ein Los kostet lediglich 300 Colones, also einen halben Dollar, sonst würde sie in diesem eher ärmlichen Dorfteil zu wenig verkaufen. Sie muss also jede Woche 100 Lose verkaufen, indem sie von Tür zu Tür geht sowie die Leute auf der Strasse anspricht.

 

So kommt die Familie, wenn alles gut geht, auf ein monatliches Einkommen von weniger als 300 US-Dollar, was mehr als 25% unter der ohnehin vom Staat viel zu tief angesetzten Armutsgrenze liegt. Für die zwei Erwachsenen und die drei Kinder ist das viel zu wenig.

 

Zu Recht kann man sich fragen, ob nicht der oder die Väter der Kinder Alimente bezahlen müssten. Das Problem ist, dass noch nie ein Mann mit der Familie zusammengelebt hat. Man könnte also der Mutter eine gewisse Mitschuld für den Kindersegen geben. Aber so einfach ist es nicht, denn mangelhafte Aufklärung und die weiterhin religiös geprägte Haltung des Verhütungsverbotes führen zu vielen ausserehelichen Schwangerschaften in Costa Rica. Die Männer verlassen die oft noch schwangeren Frauen und kümmern sich auch später nicht um die Kinder.

 

Wir haben einige Fotos, welche die Lebenssituation der Familie eindrücklich aufzeigen, angehängt. Das Haus ist sauber (einzig die WC-Schüssel hat diesbezüglich Handlungsbedarf). Mutter und Grossmutter haben sich für die Unordnung entschuldigt, was eigentlich unnötig war, weil ja auch die Kinder wegen der Corona-Pandemie bald schon ein halbes Jahr zu Hause praktisch eingesperrt sind. Irgendwo und irgendwie müssen sie sich austoben oder auch nur spielen können. Die Grossmutter hat uns erklärt, dass sie alle Möbel und Geräte von Leuten, welche sie nicht mehr gebrauchen konnten, geschenkt bekam. Das glaubten wir ihr sofort. Es war ja für die Schenkenden auch eine billige Entsorgung.

 

Selbstverständlich hatten wir auch zwei Taschen gefüllt mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln mitgebracht. Die Kinderaugen leuchteten und die beiden Frauen hatten Tränen in den Augen. Alle waren einfach überwältigt und überrascht – und sehr, sehr dankbar.

 

Auffallend auf dem Familienfoto ist, dass die Kinder tendenziell übergewichtig sind. Eine meist tiefe Bildung der Eltern und viele Sorgen im Alltag führen dazu, dass sich niemand Gedanken macht über eine gesunde Ernährung und diese oft zu einseitig ist. Dazu kommt, dass die Kinder sich viel zu wenig bewegen. Es gibt kaum Sportclubs, sie haben auch beim Wohnort keinen Platz um herum zu toben und zu spielen.

 


Merling – ein Drama ohne Ende

 

Schon mehrmals haben wir über Merling – die alleinerziehende Mutter – und deren drei Kinder Randal (6), Fernanda Rubi (10) und Erik Steven (12) berichtet. Dieser Familie bleibt offensichtlich nichts erspart. Als wir sie vor etwa zwei Jahren kennenlernten, wohnten sie in einer Hütte bei Merlings Bruder. Weil dieser den Arbeitsort wechseln musste, musste auch Merling mit ein Kindern eine neue Bleibe suchen. Sie fand Unterschlupf in einem winzigen Raum bei ihrer Schwester, deren Mann auf einer Hühnerfarm arbeitete. Dieser verlor jedoch im vergangenen November die Arbeit und musste mit seiner Familie ausziehen. Dies hätte auch Merling tun müssen. Wir konnten aber mit dem Besitzer des Häuschens vereinbaren, dass sie bis zum Abschluss des Schuljahres Mitte Dezember bleiben konnten.

 

Die beiden jüngeren Kinder hatten in der Zwischenzeit Paten aus Deutschland und der Schweiz erhalten. Eine der Patinnen kam für die verlangte Miete und den anschliessenden Umzug zu Verwandten nach Los Chiles, hoch oben im Norden gelegen, auf. Weil aber dieser Ort für uns zu weit entfernt war, um die Familie wie gewohnt persönlich zu betreuen, mussten wir die beiden Patenschaften aufgeben. Die persönliche Betreuung ist immer ein fester Bestandteil unserer Projekte. Die Patenschaften hatten übrigens sehr positive Einflüsse auf die ganze Familie. So hatten die beiden schulpflichtigen Kinder keine Mühe, die nächste Klasse zu erreichen. Im Jahr zuvor mussten beide das Schuljahr wiederholen.

 

Im Februar dieses Jahres kehrte Merling mit ihren Kindern wieder nach Morazán zurück, weil es in Los Chiles nur eine kleine Schule gäbe, an der gerademal vier Fächer unterrichtet würden. Merling meldete sich bei uns, weil sie absolut mittellos war. Sie schäme sich so sehr, aber sie habe absolut keine andere Lösung als uns um Hilfe zu bitten. Selbstverständlich halfen wir der Kinder wegen mit Nahrungsmitteln. In der Zwischenzeit hatte auch noch das Coronavirus Costa Rica erreicht, was gerade für die Ärmsten im Land eine Katastrophe war. Wir unsererseits haben seither beinahe ausschliesslich mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln geholfen und tun dies immer noch. Bereits nächste Woche werden wir uns wieder auf Versorgungstour begeben.

Anfänglich wohnten Merling und die Kinder bei einer anderen Familie, wo sie nun wieder ausziehen mussten. Die Hausbesitzer hier sind gnadenlos. Sie fand den hier abgebildeten Raum von zirka 12 m2 in einem baufälligen Haus. Dafür muss sie 50'000 Colones Miete bezahlen, das sind in etwa 90 US-Dollar. Dazu kommen die Kosten für Strom und Wasser. Da reichen natürlich die kleinen staatlichen Unterstützungsbeträge, welche sie erhält, weil die Kinder das Bürgerrecht von Costa Rica erhalten haben, weil sie hier geboren wurden, bei weitem nicht.

 

Der drei Kinder wegen werden wir die Familie weiterhin unterstützen. Ansonsten würde sie buchstäblich auf der Strasse landen.


Wir haben in letzter Zeit mehrere extrem arme Familien besucht und mit ihnen gesprochen. Um keine falschen Hoffnungen zu wecken taten wir dies unter dem Vorwand, Artikel über Costa Rica und die hiesige Bevölkerung zu schreiben. Jede interviewte Familie erhielt ein Honorar von 10'000 Colones (knapp 18 USD), was wenig unter einem Mindest-Tageslohn liegt. 

 

Über die Kinder und deren Familien haben wir Dokumentationen erstellt, welche ihr weiter unten findet. Es sind Zeugnisse wirklicher Armut. Wir hatten Euch im Februar 2018 über das Vorhaben einer Schweizer Familie orientiert, anstelle von Geburtstagsgeschenken ein Hilfsprojekt hier in Costa Rica zu realisieren. Selbstverständlich haben wir Monika und Marcel Gossweiler aus Niederlenz die Dokumentationen vorgängig zugestellt. Hoch erfreut durften wir zur Kenntnis nehmen, dass das Ehepaar Gossweiler spontan die Patenschaften für Anelys und Jonathan übernommen haben und damit die beiden Familien künftig spürbar entlasten werden.

Trotzdem empfehlen wir Euch, auch diese Dokumentationen (siehe unten) anzuschauen. Sie sind ebenfalls repräsentativ für tausende von Schicksalen hier in Costa Rica.

 

Nun suchen wir noch weitere Unterstützung für die restlichen Familien. Dies kann mit der Übernahme einer Patenschaft oder einfach mittels einer Spende sein. Wir haben uns nämlich fest vorgenommen, alle Familien zu unterstützen und diesen so ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen. Trotz ständiger Zunahme der Spendengelder benötigen wir weitere Unterstützung für die Realisierung unseres Vorhabens. Bis auf eine kleine Notfallreserve fliessen alle Spenden direkt an die Bedürftigen. Hauptsächlich um den Schulbesuch von Kindern sicherzustellen.

 

 

Für Eure Unterstützung danken wir Euch ganz herzlich. Auch ein ganz grosses Dankeschön an alle, die bereits gespendet haben.


Erik, Fernanda und Randal

 

Es war für mich unvorstellbar, dass eine Familie unter noch schlechteren Bedingungen leben muss, als wir sie früher schon beschrieben haben. Aber die Hütte– oder vielleicht besser gesagt der Verschlag – in der Erik (10), Fernanda (8) und Randal (5) zusammen mit ihrer Mutter Merling wohnen müssen, übertrifft alles bisher Gesehene, und das will etwas heissen. Die Hütte wurde sehr primitiv gebaut und es gibt nur einen einzigen Raum. Der hintere Teil wurde mit einem blauen Tuch abgetrennt. Dahinter schla- fen die drei Kinder auf einer Matratze.

Merling schläft auf dem Boden auf einer dünnen, alten Schaumstoffmatratze, welche sie tagsüber aufrollt. Ihr Bruder schläft in einer alten Hängematte. Die Fotos der Hütte sprechen für sich.

 

Der Vater hat die Familie vor anderthalb Jahren verlassen und ist nach Nicaragua abgehauen. Weil alle drei Kinder in Costa Rica auf die Welt kamen, sind sie Bürger dieses Landes und somit unternimmt Nicaragua gar nichts, um den Vater zu Unterhaltszahlungen zu verpflichten. Und Mutter Merling kann mit drei Kindern keiner Arbeit nachgehen. In der ganzen Umgebung gibt es keine sozialen Einrichtungen wie Kindertagesstätten und Ähnliches.

 

Merlings Bruder, ein Landarbeiter, welchem die Hütte von seinem Arbeitgeber gratis zur Verfügung gestellt wird, hat die Familie bei sich aufgenommen und versorgt sie mit seinem kleinen Einkommen. Nun hat er eine besser bezahlte Arbeit gefunden und tritt die neue Stelle nächsten Monat an. Das heisst aber auch, dass er die Hütte verlassen muss. Somit steht wahrscheinlich Merling mit den drei Kindern auf der Strasse. Sie wird den Besitzer der Hütte noch darum bitten, bleiben zu dürfen, bis sie eine andere Unterkunft gefunden hat, was für die mittellose Frau nicht leicht sein wird. Zusammen mit der Schuldirektorin, Frau Professor Zulay, werden wir versuchen, eine Lösung zu finden. Merling und die Kinder möchten unbedingt in Morazán bleiben und auch dort zur Schule gehen. Seit wir die öffentliche Schule von Morazán mit Musikinstrumenten und Schulbüchern unterstützt haben, engagieren sich Lehrerschaft und Direktorin extrem für die Kinder. Nur die Kindergärtnerin und die Köchin haben sich schon vorher sehr um die Kinder bemüht und sind somit weiterhin die guten Geister der Schule. Der Wandel, der in dieser Schule stattgefunden hat, ist äusserst bemerkenswert. Doch darüber werden wir später berichten.

 

Trotz ihrer schwierigen Lebenssituation hat Merling grosse Freude an ihren Kindern, und für die Kinder ist es das Grösste, bei der Mutter zu sein. Angesichts der Lebenssituation ist es ver- ständlich, dass es sonst nicht viel Erfreuliches zu erzählen gibt. Einzig der kleine Randal freut sich sehr über Weihnachtsbäume.

Merling hofft, dass die Kinder die Schule abschliessen können und sich ihre Lebenssituation verbessern wird. Sie träumt von einem schönen Haushalt mit richtigem Kochherd und einem Kühlschrank.

Am 30. August 2018 haben wir Fernanda die Teilnahme an einer Exkursion der Schulklasse ermöglicht, zusammen mit Merling und Randal. Ohne Begleitung eines Elternteils dürfen Kinder bis und mit der dritten Klasse an keinen Reisen teilnehmen. Ausserdem haben wir Fernanda eine traditionelle Tracht bezahlt, damit sie mit der Tanzgruppe der Schule am grossen Umzug in Atenas, welcher anlässlich des Unabhängigkeitstages vom 15. September stattfindet, teilnehmen kann. Die Freude der ganzen Familie war riesig.

 

Während dem Interview sass ich auf dem einzigen Stuhl in der Hütte, mit dem Notizblock auf den Knien. Das Gespräch dauerte etwa dreissig Minuten und die ganze Zeit stand Fernanda vor mir und staunte mich an. Und immer wenn ich aufschaute, blickte ich in ihre ernsten, vielleicht auch traurigen Augen.

Solche Momente gehen nicht spurlos an uns vorbei. Wir werden uns nie an die Lebensumstände der ärmsten Familien gewöhnen können, versuchen aber mit aller Kraft, die Situation dieser Familien zu verbessern und ihnen so ein möglichst lebenswürdiges Dasein zu ermöglichen.

 

Nachtrag

Es gab bereits vor unserem Besuch eine Anfrage für eine Patenschaft. So erhielt die Schweizer Patin diesen Bericht zuerst. Und sie entschied sich spontan, die Patenschaft für Randal zu über- nehmen. Es wäre toll, wenn wir auch für die beiden Geschwister noch Unterstützung – egal in welcher Form – finden würden.

Im Übrigen musste die Familie bereits am 15. September ausziehen. Sie fanden bei Merlings Schwester Unterschlupf. (Fortsetzung folgt...)

 

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Fortsetzung

 

"Ich bin glücklich, für meine drei Kinder und mich eine Unterkunft bei meiner Schwester gefunden zu haben", sagte uns Merling, die alleinerziehende Mutter von Randal, Fernanda und Erik, anlässlich unseres Besuches in der vergangenen Woche. Sie musste ihre vorherige Unterkunft innert weniger Tage verlassen. Wir kannten das kleine Häuschen und dessen Bewohner von unserem Besuch im März dieses Jahres. Damals wussten wir aber nicht, dass Merlings Bruder mit seinem achtjährigen Sohn Manuel und ihre Schwester mit zwei kleinen Kindern dort lebten. Manuel ist in der Zwischenzeit mit seiner Mutter zu einem anderen Mann gezogen.

 

Um in dem zirka 20 Quadratmeter grossen Häuschen Platz für Merling und die drei Kinder zu schaffen, wurde ein Raum von knapp 8 m2 abgetrennt. Dort schlafen sie und haben ihre gesamten Habseligkeiten ebenfalls dort untergebracht. Das Leben spielt sich auf der etwa doppelt so grossen Veranda ab, sofern das Wetter dies zulässt. Merlings Bruder sorgt mit seinem bescheidenen Einkommen als Bauarbeiter somit für drei Erwachsene und fünf Kinder.

 

Weil nun Merlings Schwester manchmal auf ihre Kinder aufpassen kann, suchte sie Arbeit, um etwas zum Haushalt beitragen zu können. In der momentan schwierigen wirtschaftlichen Situation in Costa Rica und besonders in der Gegend von Morazán ist dies nicht einfach. So hat sich Merling als Kaffeepflückerin verdingt. Das Ernten des Kaffees erfolgt normalerweise in drei Etappen. Die erste, die zurzeit angelaufen ist, ist die schwierigste. Es dürfen nur die reifen Bohnen gepflückt werden, wobei ein geringer Anteil noch nicht ganz reifer Bohnen toleriert wird. Es ist eine reine Akkordarbeit, wird also pro vollen Korb, dessen Grösse genormt wird, bezahlt. Ein Vorarbeiter kontrolliert jeden Korb und macht Abzüge, wenn der Korb zu viele noch nicht ganz reife Bohnen oder Blätter enthält. Als Anfängerin gab sich Merling alle Mühe, nur reife Bohnen zu ernten. Sie schaffte somit lediglich zwei Körbe und erhielt so für einen ganzen Tag Arbeit 2400 Colones, was umgerechnet 4 US-Dollar entspricht. Geübte Profis schaffen über 30 Körbe pro Tag! Es ist eine knochenharte Arbeit mit dem umgebundenen Korb und ausserdem gefährlich. Zwischen den Kaffeepflanzen leben giftige Schlangen und Spinnen sowie eine Wespenart, welche die Arbeiter in Schwärmen angreifen und sich sogar unter die Kleider begeben und auch dort ihre schmerzhaften Stiche anbringen. Meist können sich die Arbeiter nur retten, indem sie sich schnellstens die Kleider vom Leib reissen und davonrennen. Zum Glück kommt dies nicht täglich vor, weil die Arbeiter nach den Nestern Ausschau halten und diese verbrennen, was sehr schnell geschehen muss.

 

Für Randal hat eine Freundin aus der Schweiz schon Anfang September die Patenschaft übernommen und bereits im Oktober übernahm ein befreundetes Ehepaar aus Deutschland die Patenschaft für Fernanda. Beide Kinder haben nun sehr gute Zukunftsperspektiven und dafür ist Merling sehr dankbar. Sie kann ihr Glück noch gar nicht recht fassen. Auch wir sind natürlich dankbar und glücklich, dass wir wiederum zwei Kindern mit dem Vermitteln der Patenschaften helfen konnten. Beide haben wir im Auftrag der Paten bereits mit dem Allernotwendigsten ausgestattet. Dasselbe haben wir für Erik auf Kosten von Pro Tico getan. Es kann ja nicht sein, dass das dritte Kind derselben Familie keine Unterstützung erhält. Wir hoffen, auch für ihn noch eine Patenschaft zu finden.

 

Dank Eurer regelmässigen Spenden waren wir auch in der Lage, Erik die Teilnahme an einer Exkursion der Schule zu ermöglichen. Pro Tico hat auch die Kosten für Merling, Fernanda und Randal übernommen, damit auch diese mitreisen konnten. Alle waren überglücklich und wir erhielten auch Fotos von der Exkursion. Demnächst werden wir Euch die ganze Grossfamilie vorstellen um auch aufzuzeigen, dass diese Menschen trotz der grosszügigen Hilfe der Paten von Randal und Fernanda sowie via Pro Tico von vielen von Euch noch immer in allerärmsten Verhältnissen leben, aber sehr glücklich sind, dass es Menschen gibt, welche sie unterstützen.


Ashley

Geht man auf das kleine, aber adrette Haus zu, in welchem die sechsjährige Erstklässlerin Ashly zusammen mit ihren Eltern und ihrer kleinen Schwester wohnt, glaubt man nicht, dass die Familie unter der Armutsgrenze leben muss. Doch der Schein trügt. Der Vater hat keine feste Anstellung und hält die Familie mit Gelegenheitsarbeiten einigermassen über Wasser. Die Familie lebt gerne in diesem Haus weil es hübsch ist und ruhig liegt. Die Wohnfläche beträgt lediglich ca. 30 m2 und das Haus ist zwischen zwei anderen Häusern buchstäblich einge- klemmt.

 

Ashly geht gerne zur Schule, liebt Musik, Englisch, Mathematik und Spanisch. Sie möchte einmal Zahnärztin werden. Der Mutter grösster Wunsch wäre die Fortsetzung ihres Studiums im Gesundheitswesen. Auch das Haus möchte sie fertigstellen. Sie hofft, dass die Kinder gut aufwachsen und die Schule abschliessen können. Ashly wünscht sich, dass sie bei der Familie bleiben kann. Ausserdem stehen Kleider, Schuhe und Spielsachen auf ihrer Wunschliste.

geht. Sie hat auch Angst vor dem krank werden. Die grösste Sorge der Mutter ist der Mangel an Arbeit ihres Mannes. Das verursacht bei ihr grosse Zukunftsängste. Ausserdem ist ihr Vater, also Ashlys Grossvater, invalid (Fuss amputiert) und hat sich gerade erst vier Rippen gebrochen. Auch er steht vor einer ungewissen Zukunft. Ashly macht sich grosse Sorgen um ihren Vater, weil es ihm oft schlecht geht. Sie hat auch Angst vor dem krank werden. 

Ashly geht gerne zur Schule, liebt Musik, Englisch, Mathematik und Spanisch. Sie möchte einmal Zahnärztin werden.


Jonathan

Monika und Marcel Gossweiler aus Niederlenz in der Schweiz haben zu unserer Freude bereits die Patenschaft für Jonathan übernommen. Ein ganz herzliches Dankeschön.

 

Den Besuch beim neunjährigen Jonathan, seiner Mutter und seiner etwa 15-jährigen Schwester haben wir bis heute noch nicht verdaut. Die Wohnverhältnisse der Familie sind eindeutig die prekärsten, die wir je angetroffen haben. Das „Wohnhaus“ war wohl ursprünglich ein gedecktes Holzlager, welches nun Wände aus alten Brettern und gespannter Plastikfolie erhalten hat. Der Boden der ganzen Wohnung besteht aus rohem, abtaloschiertem Beton mit Löchern, und das Dach ist vielerorts undicht. Die Familie lebt seit drei Jahren hier. Der Vater hat die Familie

schon vor vielen Jahren verlassen. Die Mutter arbeitet je nach Auftragslage sechs bis zehn Stunden pro Tag als Hilfsarbeiterin in der benachbarten Schreinerei, deren Besitzer das „Wohnhaus“ der Familie gratis zur Verfügung stellt. Im Haushalt fehlt es praktisch an Allem. Nur das Allernotwendigste ist vorhanden. 

 

Die Mutter besitzt die Staatsbürgerschaft von Nicaragua, hat aber keine Niederlassungsbewilligung von Costa Rica. Ihr Pass ist abgelaufen und sie hat für die Erneuerung kein Geld, hält sich also illegal in Costa Rica auf (was kein Einzelfall ist). Dasselbe gilt für ihre ältere Tochter, welche nie eine Schule besucht hat. Ganz anders Jonathan. Er ist in Costa Rica geboren und somit automatisch costaricanischer Staatsbürger. Zudem besucht er die Schule hier. Es gibt noch einen älteren Bruder, welcher das Gymnasium in Atenas besuchen kann. Die Mutter wünscht sich sehnlichst ein eigenes kleines Häuschen. Ausserdem die costaricanische Niederlassungsbewilligung, und dass es der ganzen Familie besser geht und alle gesund bleiben. Ausserdem hofft sie, dass die beiden Buben die Schule abschliessen können. Ihre grösste Sorge ist, dass sie ihre Arbeit verlieren könnte.

 

Jonathan liebt Fussball, seine Familie und geht gerne zur Schule, wobei Mathematik seine Stärke ist. Er wünscht sich Spiele, Sportkleider und Sportschuhe. Auch er hofft, dass alle gesund bleiben und die Mutter ihre Arbeit behalten kann. Jonathan möchte Polizist werden. Beim Gespräch mit Jonathan und seiner Mutter ist diese in Tränen ausgebrochen, so dass wir das Gespräch auf ein Minimum reduziert haben.


Yeilin

Die Familie der sechsjährigen Yeilin besteht aus ihrer Mutter, ihrem neunjährigen Bruder und ihren Grosseltern. Der Grossvater ist Landarbeiter und hat als einziger ein Einkommen, welches für die ganze Familie reichen muss. Ein Landarbeiter verdient pro Monat umgerechnet etwa 450 US-Dollar, sofern er den gesetzlichen Mindestlohn erhält und fest und zu 100% angestellt ist, was bei weitem nicht selbstverständlich ist. Seit vier Jahren ist der Vater verschwunden. Sein Aufenthalt ist nicht bekannt und so können auch keine Alimente eingefordert werden. 

 

 

Das kleine Haus, in dem die Familie wohnt, gehört dem Arbeitgeber des Grossvaters und wird ihr gratis zur Verfügung gestellt. Trotzdem reicht das Geld nirgendwo hin und oft weiss die Familie nicht, wie sie Strom und Wasser bezahlen soll und was am nächsten Tag auf den Tisch kommt. Zum Glück dürfen sie etwas Gemüse und Obst vom Bauern nehmen. Aber von ausgewogener und gesunder Ernährung kann keine Rede sein. Pro Tico hat schon oft berichtet, wie teuer die meisten Lebensmittel hier in Costa Rica sind, manche sogar teurer als in der Schweiz.

 

Das Haus liegt sehr abgelegen und entsprechend lang sind die Wege zur Schule und zum Einkaufen, nämlich 30 Minuten zu Fuss. Yeilin besucht die erste, ihr Bruder die dritte Klasse.

Die grössten Wünsche der Mutter sind ein eigenes Häuschen zu haben (was wohl eher ein Traum ist, der nie in Erfüllung gehen wird), kürzere Schulwege und dass die ganze Familie gesund bleibe. Yeilins grösste Wünsche sind Kleider, Schuhe und eine Puppe die sprechen kann. Diejenigen ihres Bruders sind ein Velo, Kleider und Schuhe.

 

Die Mutter hat am meisten Freude an ihren Kindern, ihren Eltern und ihren Brüdern. Identisch äusserten sich die beiden Kinder. Lediglich Yeilin‘s Bruder erwähnte noch die Schule.

 

Die grösste Sorge der Mutter ist der permanente Geldmangel. Das belastet sie sehr. Yeilin und ihr Bruder machen sich grosse Sorgen um ihre Mutter. Ausserdem fehlt ihnen natürlich der Vater. Auch der Schulweg ist eine Belastung für die Kinder. 

 

Yeilin möchte einmal Zahnärztin oder eine berühmte Köchin werden, ihr Bruder Kunstmaler oder Musiker.

 

Mit einer Patenschaft werden die Kosten für Schuluniform, Rucksack, Schulmaterialien sowie sonstigen Kleidern und Schuhen übernommen. Es hängt natürlich von den Paten ab, ob sie noch weitere Hilfe leisten wollen. Jedenfalls ist alleine schon die Übernahme der Kosten für Schuluniform und -utensilien eine gewaltige Entlastung für die Familie, auch wenn sich diese Kosten pro Jahr und Kind umgerechnet zwischen 160 und 200 US-Dollar bewegen.


Cristian

 

Cristian lebt mit seinen Eltern in einem Häuschen, das auf den ersten Blick nicht einmal so übel aussieht. Bei näherem Hinsehen erkennt man aber die Mängel. Die Tragkonstruktion besteht aus Holzlatten, welche nur aussen mit einer Art gebrauchten und zum Teil beschädigten Eternitplatten verkleidet sind. Die Wände reichen nicht überall bis zum Dach, so dass Regen eindringt. Der Fussboden besteht ausschliesslich aus Erde. Es gibt einen einzigen Raum, welcher gleichzeitig Wohn- und Schlafzimmer ist. Die Einrichtung ist spartanisch. Hinten angebaut ist eine kleine Kühe. Einen Kochherd gibt es nicht. Gekocht wird auf einer Feuerstelle, welche mit einer Steinplatte abgedeckt ist. Unter dieser wird dann mit Holz so lange eingeheizt, bis die Steinplatte heiss genug ist. Kühlschrank und Haushaltgeräte gibt es nicht, mit Ausnahme eines alten Mixers. Den einzigen „Luxusartikel“ den wir gesehen haben ist ein uralter Fernseher. Die Unterkunft wird vom Arbeitgeber des Vaters gratis zur Verfügung gestellt.

 

Die Familie lebt seit acht Monaten hier, davor in mehreren Unterkünften in Morazán. Die Mutter findet den Ort schön, aber dieses Haus nicht so gut. Cristian gefällt es. Seine grössten Wünsche sind studieren zu können, Kleider, Schuhe und ein Computer. Er liebt es, mit der Familie zu leben und hat gleichzeitig Angst, diese zu verlieren. Die Mutter wünscht sich ein

eigenes Haus und ein besseres Leben. Sie hat Angst, dass ihr Mann arbeitslos wird und befürchtet, dass sie ausgewiesen werden könnten. Sie befürchtet auch, dass das Geld nicht ausreichen wird, um Cristian den Schulabschluss und später sein Studium zu bezahlen. Cristian will nämlich Arzt werden. Deshalb liebt er neben der Schule, Fussball, La Ando (ein traditionelles Spiel) auch Doktorspiele.


Anelys

 

Monika und Marcel Gossweiler aus Niederlenz in der Schweiz haben zu unserer Freude bereits die Patenschaft für Analys übernommen. Ein ganz herzliches Dankeschön.

 

Die neunjährige Anelys lebt zusammen mit ihrer Mutter, ihrem Vater und ihrem 13-jährigen Bruder Manuel in einer gemieteten Einzimmerwohnung – besser gesagt der umgebauten Garage des Nachbarhauses. Das erkennt man an der mittels Bretterverschlag verschlossenen ehemaligen Garagentoröffnung. An die „Garage“ angebaut ist eine kleine Küche, welche auch Wirtschaftsraum ist. Die Familie lebt erst seit 6 Monaten in dieser Wohnung, aber schon 6 Jahre in Morazán. Den Eltern gefällt die Wohnung, auch wenn die Miete relativ hoch ist, weil sie sehr ruhig liegt. Den Kindern gefällt es in Morazán schon, im Haus selbst nicht, weil es gemietet ist und wenig Platz hat.

 

Ohne dass wir nachgefragt hätten, erzählte uns der Vater die finanzielle Situation der Familie. Er hat zurzeit eine feste Anstellung und arbeitet ausschliesslich nachts. Er hat ein Gehalt von 60 – 65‘000 Colones pro Woche, das sind zwischen 105 und 115 US-Dollar und liegt in etwa am gesetzlichen Minimallohn. Die Wohnungsmiete beträgt 90‘000 Colones (knapp 160 USD) pro Monat. Für das Wasser bezahlen sie monatlich durchschnittlich umgerechnet 20 USD und für den Strom 30 USD. Somit ist bereits knapp die Hälfte des Monatseinkommens aufgebraucht und es bleibt nicht mehr viel übrig für Nahrung, Kleider oder gar dringendste Anschaffungen.

 

Die Wünsche und Träume der Mutter sind ein eigenes kleines Haus zu haben, dass die Kinder die Schule abschliessen können und später alle Arbeit finden. Ausserdem möchte sie selber das seinerzeit begonnene Studium abschliessen. Der Vater möchte seine Arbeitssituation verbessern und damit auch das kommen. Dazu möchte er sich weiterbilden.

 

Analyses Wünsche sind ebenfalls ein eigenes Haus, Rollschuhe (die Kinder haben zwar alte Rollerblades, können aber nur mit stark zusammengekrümmten Zehen hineinschlüpfen und sie somit auch nur kurz benützen) und einen Hund. Manuel wünscht sich ein ferngesteuertes Auto,

ebenfalls ein eigenes Haus und einen Spielplatz.

 

Wer nun glaubt, dass es bei so viel Armut nichts mehr gibt, was Freude bereitet, der irrt sich. Bei allen stehen das funktionierende Familienleben und der Zusammenhalt an erster Stelle. Die Mutter freut sich, dass es ihr immer wieder gelingt, genügend Essen auf den Tisch zu bringen. Anelys geht zudem sehr gerne zur Schule. Ihre Stärken sind Mathematik und Englisch. Manuels Aufsteller sind nebst der Familie seine Freunde.

 

Unsere Frage nach den grössten Sorgen wurde sehr schnell und lautstark von Manuel beantwortet: „Unsere grösste Sorge ist das Geld, das nie reicht!“. Das sehen auch die Eltern so. Sie machen sich aber auch Sorgen, dass alle Familienmitglieder gesund bleiben. Man muss bedenken, dass in Costa Rica das Krankentaggeld nur 50% des Lohnes beträgt (sofern der Arbeitnehmer überhaupt versichert ist, was bei weitem nicht immer zutrifft). Somit ist auch klar, dass Familie und Gesundheit auch die grössten Sorgen der Kinder sind. Beide machen sich auch Sorgen darüber, dass sie die Schule nicht abschliessen können. Und das wäre für die Berufswünsche der beiden Kinder fatal: Anelys möchte Ärztin werden und Manuel Wissenschaftler.


Manuel

 

Der achtjährige Manuel besucht die zweite Klasse und wohnt zusammen mit seinem Vater, seiner Schwester, seiner Tante und deren Mann sowie deren beiden Kindern in einem ca. 20 m2 grossen Häuschen, welches vom Arbeitgeber des Onkels gratis zur Verfügung gestellt wird, weil der Onkel dort als Landarbeiter angestellt ist. Manuels Vater ist Bauarbeiter, seine Mutter schon lange ausgezogen. Gesprochen haben wir mit Manuel (später in der Schule) und seiner Tante, weil die Männer auf der Arbeit waren.

 

Das Haus hat zwei Zimmer. Ein kleines Schlafzimmer für die vierköpfige Familie seiner Tante und ein Mini-Wohnzimmer mit Küche, in dem auch Manuel, seine Schwester und sein Vater auf am Boden ausgerollten „Matratzen“ schlafen, welche tagsüber zusammengerollt werden müssen. Das Leben findet hauptsächlich auf der kleinen Veranda statt, wenn es das Wetter zulässt, denn das Haus liegt in einer kühlen und windigen Zone. Beide Familien wohnen seit 12 Jahren in diesem Haus.

 

Manuel leidet unter curricula no significativa, einer Lernschwierigkeit und erhält entsprechende Hilfe. Er möchte seine Schule unbedingt abschliessen, um dann Lehrer zu werden. Er liebt Mathematik, Spanisch und Englisch. Ausserdem liebt er seine Familie, seine Freunde, Fussball,

Tennis und Spiele. Dazu fehlen ihm aber die entsprechenden Utensilien, Kleider und Schuhe. Manuel will sich mit niemandem streiten. Wie auch seine Tante wünscht er sich ein eigenes grösseres Haus. Am derzeitigen Wohnort fühlen sie sich aber gut. Das Haus liegt schön und es ist sehr ruhig.

 

Trotz zwei Einkommen ist das Geld immer sehr knapp und gerade wenn wieder neue Schuluniformen und Schulutensilien angeschafft werden müssen, wird es zum Problem. Immerhin sind ja insgesamt sieben Mäuler zu stopfen und alle mit Kleidern und Schuhen zu versorgen. Und dann schwebt auch noch die Angst über der Familie, dass sie Costa Rica verlas- sen müssen, obwohl drei Kinder hier geboren wurden und somit auch costaricanische Staatsbürger sind. Nicaraguaner sind in Costa Rica nicht sehr beliebt und es gibt ständigen politischen Druck, möglichst viele von ihnen nach Nicaragua zurückzuschicken. Wohl auch deshalb, weil viele Arbeitgeber die meistens fleissigeren Nicaraguaner den etwas salopperen Costaricanern (Thema pura vida) vorziehen.